Ab dem kommenden Schuljahr haben bundesweit alle Erstklässler einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung an der Grundschule. Viele Kommunen fürchten, auf den Kosten für die zusätzlichen Betreuungsplätze sitzen zu bleiben. Drei Städte aus Nordrhein-Westfalen ziehen deshalb nun vor Gericht: Die Landeshauptstadt Düsseldorf sowie die Städte Hamm und Krefeld wollen gerichtlich feststellen lassen, dass der individuelle Anspruch auf einen Ganztagesplatz bisher nicht wirksam vom Land auf die Kommunen übertragen worden sei – und damit auch Finanzierungsfragen ungeklärt seien. Das haben die drei Kommunen gemeinsam mitgeteilt. Der Städtetag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW unterstützen die Klagen.
Den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung wollen die Kläger dabei nicht infrage stellen, betont Hamms Oberbürgermeister Marc Herter, der zugleich Vorsitzender des Städtetags NRW ist: „Wir Kommunen werden alles uns Mögliche tun, um den Rechtsanspruch ab dem kommenden Schuljahr zu erfüllen. Eltern und Kinder brauchen Verlässlichkeit. Dazu muss auch das Land seinen Beitrag leisten. Es drückt sich aber davor, gesetzlich klar zu regeln, wer eigentlich für den Rechtsanspruch auf Ganztag zuständig ist. Und daran hängt natürlich auch die Finanzierung.“ Das sei vor dem Hintergrund der katastrophalen kommunalen Finanzlage ein echtes Problem.
Kommunen fordern faire Lastenverteilung
Gesetzlich geregelt ist der Anspruch auf Ganztagsbetreuung bundesrechtlich im 8. Sozialgesetzbuch. Der Bund wiederum hat die Ausführung den Ländern übertragen, da eine direkte Übertragung an die Kommunen verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Um die Zuständigkeit aber wirksam auf die Kommunen zu übertragen und auch die Verteilung der finanziellen Lasten zu regeln, fordern die Kommunen ein Ausführungsgesetz. Das habe die Landesregierung immer noch nicht vorgelegt, auch wenn sie dies im Koalitionsvertrag versprochen habe.
Um die Umsetzung nicht zu gefährden, gingen die Kommunen bereits seit Jahren in Vorleistung, sagt Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller. So habe die Landeshauptstadt allein im Jahr 2025 bereits 26 Millionen Euro für vorbereitende schulorganisatorische Maßnahmen zur Verfügung gestellt. „Der Gesetzgeber muss endlich die Verantwortung für die Finanzierung der durch ihn verursachten Mehraufwände übernehmen. Wer bestellt, bezahlt! Doch beim Ganztag wird nicht einmal geteilt – von einer fairen Lastenverteilung kann keine Rede sein. Wir Kommunen tragen bislang zu einem überproportional großen Teil die Kosten für die Umsetzung des Ganztagsangebots“, beklagt Keller.
s.doebeling@derneuekaemmerer.de
Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.

