Thorsten Stefer, Kämmerer der Gemeinde Odenthal in NRW, hat über die Zukunft seines Sohnes nachgedacht. Dabei herausgekommen ist der Vorschlag für eine Nachhaltigkeitssatzung.

Das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde – auch im kommunalen Finanzbereich. Für Thorsten Stefer, Kämmerer der 15.000-Einwohner-Gemeinde im nordrhein-westfälischen Odenthal, ist sie darüber hinaus ein Herzensanliegen geworden. „Die Geburt meines Sohnes vor acht Jahren hat mir zusätzlichen Antrieb gegeben, mich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen“, erklärt der Kämmerer.

So sei bei ihm die Idee dafür entstanden, eine Nachhaltigkeitssatzung für Kommunen zu entwickeln. Sein grundlegender Gedanke dabei ist, den finanziellen Status quo der Gemeinde gleichsam „einzufrieren“ und das Haushaltssystem dauerhaft zu verbessern. Was klingt wie Zukunftsmusik, ist es auch (noch): Stefer hat die Satzung Ende 2021 eingereicht. „Sie wurde zwar bislang noch nicht vom Rat verabschiedet, aber auch nicht abgelehnt“, erklärt er den Stand seines Projekts. Für ihn ist bereits das ein Erfolg.

Nachhaltigkeitssatzung auf Basis des Drei-Säulen-Modells

Stefer ist zwar erst seit Februar 2021 Kämmerer in Odenthal, zuvor war er dort Geschäftsbereichsleiter Finanzen und davor in der Rechnungsprüfung und als Kämmerer in der nahegelegenen Gemeinde Wipperfürth aktiv. Doch als langjähriger Herr der Zahlen hat er sich in seinem neuen Job schnell die Frage gestellt, wie sich Nachhaltigkeit im Finanzbereich strategisch steuern und begleiten lässt. Fündig geworden ist Stefer beim Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit.

Danach sind laut Entwurf der Satzung „Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichrangig und gleichwertig“. Eine finanzielle Zielsetzung ist jedoch auf die Säulen „Ökonomie“ und „Ökologie“ beschränkt. Mit einem „Generationenbeitrag“ soll der Konsolidierungsbedarf beziehungswiese das Haushaltsdefizit der Gemeinde gegenfinanziert werden. Dieser soll über den Hebesatz der Grundsteuer B erhoben werden. „Ich denke, so ist die Satzung gut aufgebaut, um a) den Haushalt zu sanieren und b) den Klimawandel in die richtige Richtung zu drehen“, erklärt der Kämmerer. Das Soziale ergebe sich letztendlich aus der Konsolidierung der Finanzen.

Hebesatz der Grundsteuer B erhöht

Nur unter der Prämisse der CO2-Einsparung solle das Eigenkapital der Gemeinde abschmelzen dürfen, ansonsten werde es auf einen bestimmten Betrag festgesetzt – in Odenthal auf 25 Millionen Euro. Aufgrund der Inflation könne der Betrag nach fünf Jahren angehoben werden. Dass sein Vorschlag nicht sofort auf die nötige Begeisterung bei allen Ratsmitgliedern gestoßen ist, kann Stefer gut verstehen: „Eine solche Nachhaltigkeitssatzung ist schon ein sehr einengendes Korsett.“ Doch die Politik habe den Vorstoß auch nicht aufgegeben.

In Odenthal wurde anstelle des in der Nachhaltigkeitssatzung vorgesehenen „Generationenbeitrags“ zunächst die normale Grundsteuer B auf einen Hebesatz von 140 Prozent erhöht. Im Rahmen des Generationenbeitrags hätte die Gemeinde laut Stefer transparenter machen können, für welche nachhaltigen Projekte die finanziellen Mittel der Gemeinde eingesetzt würden. „In unserem öffentlichen Gebäudebestand müssen wir die Beleuchtungsanlagen und die Gebäudehüllen ohnehin sanieren“, sagt der Kämmerer.

Eine Nachhaltigkeitssatzung würde bei solchen der Nachhaltigkeit gewidmeten Projekten allerdings die Legitimation liefern, dafür Eigenkapital einzusetzen. Dem Rat dienen Bis es in Odenthal vielleicht so weit ist, kümmert sich dort ein frisch gegründeter Ausschuss um die weitere Ausarbeitung der Nachhaltigkeitssatzung. „Vielleicht kommt noch etwas Neues dabei heraus“, zeigt sich Stefer zuversichtlich. „Meine Rolle ist ganz klar, dem Rat zu dienen und Anregungen zu geben“. Seine Priorität setze er als Kämmerer zwar im monetären Bereich, über die Investitionsrechnung lasse sich aber auch der ökologische Nutzen mit einbeziehen.

Odenthal von Hochwasser 2021 betroffen

Direkte Auswirkungen des Klimawandels hat Odenthal selbst zu spüren bekommen. Die Gemeinde zählt zu den Kommunen, die von der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli 2021 in NRW getroffen wurden. Das Hochwasser hat eine Siedlung schwer beschädigt, eine Schule muss neu gebaut werden. Bei diesen Projekten werden laut Stefer auch ohne eine Nachhaltigkeitssatzung Folgekosten und der Lebenszyklus mit berücksichtigt. „Wir leben in einer Zeit, die geprägt ist durch den Klimawandel, den demographischen Wandel, Covid-19 und andere düstere Szenarien“, sagt er. „Vor diesem Hintergrund denke ich grundsätzlich sehr langfristig. Schließlich sollten auch unsere Nachkommen noch in einer lebenswerten Welt aufwachsen können.“

„Eine nachhaltige Politik zeichnet sich dadurch aus, dass sie zukunftsgerichtet ist. Belastungen der zukünftigen Generationen durch nicht nachhaltigen Eigenkapitalabbau, Vernachlässigung der kommunalen Infrastruktur, Anstieg einer Kassenkreditverschuldung und fehlende Reduktion der Treibhausgasemissionen müssen daher unbedingt verhindert werden“, heißt das übersetzt in die Präambel der Nachhaltigkeitssatzung. Die Zeit für Stefers Projekt – ob nun in Form des vorliegenden Vorschlags oder in einer anderen Ausgestaltung – wird vermutlich noch kommen.

ak.meves@derneuekaemmerer.de

Info

Der hier veröffentlichte Beitrag ist zuerst in der aktuellen Zeitungsausgabe 4/2022 von Der Neue Kämmerer erschienen. Hier geht es zum Abo und hier zur Newsletter-Anmeldung.

Aktuelle Beiträge