Für die Modernisierung der kommunalen Infrastruktur fehlt Städten und Gemeinden oft der finanzielle Spielraum. Die hessische Kreisstadt Bad Hersfeld hat sich auf dem Weg zur Smart City daher private Partner gesucht. Aktuell wird in einem Pilotprojekt die Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtkörper umgestellt und mit Sensoren ausgestattet. Von den Projektkosten in Höhe von 791.000 Euro übernimmt die Stadt lediglich 220.000 Euro. Der Rest kommt von den Partnern, die das Pilotprojekt für die Entwicklung neuer Angebote nutzen.
Teil der Smart-City-Strategie
Die für die Steuerung der Leuchten notwendige App wurde von dem Unternehmen Urban Lighting Innovations auf Basis der Cloudplattform Microsoft Azure eigens für das Projekt entwickelt. Mit ihr können einzelne Leuchten in einer virtuellen Karte ausgewählt und Intensität, Farbtemperatur sowie Lichtverteilung verändert werden. Dadurch könne das Licht auf die jeweilige Nutzung angepasst und die Lichtverschmutzung verringert werden, erläutert die Stadt in einer Pressemitteilung.
Hinzu kommen KI-basierte Softwarelösungen und die Einbindung der Daten in das sogenannte Smart-City-Cockpit der Stadt. Die TU Berlin begleitet das Projekt wissenschaftlich. Die Arbeiten vor Ort werden durch die Stadtwerke Bad Hersfeld durchgeführt. Insgesamt sollen bis Jahresmitte 160 Straßenleuchten ausgetauscht werden. Die Straßenbeleuchtung ist jedoch nur ein Schritt zur Transformation der Stadt. Das dahinter stehende Cockpit vereint zahlreiche weitere Daten zur Lärmentwicklung, der Füllmenge von Mülleimern und der Belegung von Parkplätzen.
Nutzungsdaten als Finanzierungsbasis
Die Deutsche Bank hat ein neues Modell zur nutzungsbasierten Finanzierung in das Projekt eingebracht. Dabei stand neben der innovativen Technologie und der Messbarkeit der Nutzung insbesondere der Beitrag zur Erreichung der ESG-Ziele im Vordergrund. Michael Dietz, Global Head of Trade Finance Flow, sieht in der Umrüstung und intelligenten Steuerung der Straßenbeleuchtung einen Piloten für nachhaltige Investments in kommunale Infrastruktur. Das verwendete Finanzierungsmodell solle die Zahlungsströme nutzungsbezogen auf einen gewissen Zeitraum verlagern, sagt er im Gespräch mit Der Neue Kämmerer. Dabei folge das Modell der Idee der Infrastruktur als Dienstleistung (Asset as a Service).
Laut Sebastian Weinert, Head of Public Sector Germany, ist das Finanzierungsmodell vor allem für finanzschwache Kommunen eine interessante Möglichkeit, Infrastruktur ohne größere Investitionsbudgets finanzieren zu können. „Wir stellen letztendlich auf die Forderungen ab, die aus der einzelnen Situation heraus resultieren,“ erläutert er gegenüber dieser Zeitung. „Das ist vergleichbar mit einer Mietzahlung, die die Kommune für die Dienstleistung Straßenbeleuchtung erbringt. Die gesamten Investitionsaufwendungen lassen sich so über eine lange Laufzeit verteilen und bedürfen damit keiner großen, zusätzlichen Kreditermächtigung.“ Dietz sieht in der nutzungsbasierten Finanzierung nachhaltiger Infrastrukturprojekte in den Kommunen ein attraktives Anlageprodukt auch für den Kapitalmarkt. Es sei zudem international gut übertragbar.
g.schilling@derneuekaemmerer.de