Steigende Zinsen sorgen in deutschen Kommunen für neue Finanzsorgen. Um gegen die zunehmende Inflation zu wirken, hat die Europäische Zentralbank (EZB) gestern den Leitzins um 0,5 Prozent erhöht. Dieser Schritt schürt das kommunale Altschuldenproblem. Insbesondere Kommunen mit hohen Kassenkrediten fürchten bei steigenden Zinsen rasant steigende Kosten für ihre Kreditaufnahmen. Nach Modellrechnungen des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ könnte dies zusätzliche Belastungen in dreistelliger Millionenhöhe bedeuten.
Drei Szenarien: Aktionsbündnis mit Modellrechnung
Das Aktionsbündnis vertritt Kommunen aus Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Seine Modellrechnungen bezieht es auf diese Bundesländer. Dort bedeute die Zunahme des durchschnittlichen Zinssatzes um 0,1 Prozent pro Jahr, bezogen auf Kassenkredite, bis 2026 ein Zinswachstum von insgesamt 1,8 Prozent. Dies führe zu einer zusätzlichen Zinsbelastung in Höhe von rund 450 Millionen Euro.
Würden die Zinsen für Kassenkredite jährlich um 0,2 Prozent steigen, führe dies bis 2026 zu einem Zinsanstieg von insgesamt 2,5 Prozent. Dies belastet die Kommunen nach der Rechnung des Aktionsbündnisses zusätzlich um 900 Millionen Euro. In einer dritten Rechnung unterstellt das Aktionsbündnis eine Zinssteigerung bei Kassenkrediten um 0,1 Prozent sowie ein Zinswachstum bei Investitionskrediten von zwei Prozent. Daraus folge bis 2026 eine zusätzliche Zinslast von 580 Millionen Euro.
Aktionsbündnis will Altschuldenlösung
Mit seinen Modellrechnungen unterstreicht das Aktionsbündnis seinen Appell an den Bund und die Länder, für eine Lösung für kommunale Altschulden zu sorgen. Zu den weiteren Forderungen des Städtebündnisses zählen die Einhaltung des Konnexitätsprinzips, die Vereinfachung von Förderprogrammen und die „Verhinderung kommunaler Steueroasen“.
Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ setzt sich für eine auskömmliche Finanzausstattung von Kommunen ein. In ihm sind 65 Kommunen aus sieben Bundesländern vernetzt.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Er arbeitet insbesondere an der Weiterentwicklung der Plattform #stadtvonmorgen und berichtet dabei vorwiegend über urbane Transformationsprozesse. Für die Redaktion von „Der Neue Kämmerer“ beleuchtet er diese Themen aus Perspektive der Kommunalfinanzen. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.