Bernhard Daldrup, MdB, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen, beantwortet die Fragen von Der Neue Kämmerer zur Bundestagswahl.

Herr Daldrup, womit können die Kommunen rechnen, wenn die SPD in der Regierung bleibt?

Die SPD ist in den vergangenen acht Jahren die Anwältin der Kommunen und Garantin für eine bessere Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Großen Koalition gewesen. Wir werden diese kommunalfreundliche Politik in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen. Wir werden die kommunale Einnahmesituation weiter stabilisieren, die kommunale Investitionskraft durch strukturelle Entlastungen stärken und die Städte und Gemeinden auch in künftigen Krisen nicht im Regen stehen lassen.

 

Wo liegen Ihre kommunalpolitischen Themenschwerpunkte?

Ein Schwerpunkt wird die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums sein. Nach wie vor ist der Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich erforderlich. Wir wollen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen und damit ein zusätzliches, nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt fördern. Die Schaffung von Bodenfonds wird für die Kommunen eines von mehreren Instrumenten der Bodenpolitik für nachhaltige Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnungsbau sein.

„Erste Schritte zur Wiederbelebung von Innenstädten haben wir bereits in der laufenden Legislaturperiode getan.“

Ein weiterer Schwerpunkt wird die Belebung der Innenstädte sein. Seit Jahren können wir beobachten, wie zahlreiche Innenstände veröden. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung vielerorts beschleunigt. Erste Schritte zur Wiederbelebung von Innenstädten haben wir bereits in der laufenden Legislaturperiode getan. Die Städtebauförderung liegt mit 790 Millionen Euro auf Rekordniveau und steht für uns nicht zur Disposition. Bundesfinanzminister Olaf Scholz stellt zusätzlich und kurzfristig 250 Millionen Euro für Reallabore in den Innenstädten bereit, um Strategien der Kommunen zur Stärkung der Innenstädte zu fördern – so wie es die Kommunen verlangt haben. Perspektivisch wollen wir die Innenstädte durch Weiterentwicklung der Städtebauförderung sowie Änderungen im Bauplanungs- und Bodenrecht unterstützen.

Die Altschuldenproblematik bleibt für uns weiterhin auf der Tagesordnung. Wir wollen Kommunen, die mit übermäßig hohen Liquiditätskreditschulden belastetet sind, von dieser schweren Hypothek befreien. Finanzminister Olaf Scholz hat im vergangenen Jahr eine konkrete Lösung mit einmaliger Beteiligung des Bundes vorgelegt. Die CDU/CSU hat diesen vernünftigen Vorschlag abgelehnt. Die Union sieht hier ausschließlich die Länder in der Verantwortung. Der Ministerpräsident des Landes mit den meisten betroffenen Kommunen, Armin Laschet (CDU), hat jedoch eine Landeslösung verweigert.

 

Plant die SPD weitere Hilfsleistungen für den Ausgleich verringerter Gewerbesteuereinnahmen aber auch verringerter Einnahmen aus dem Einkommensteueranteil der Kommunen? 

Die SPD mit Finanzminister Olaf Scholz war die treibende Kraft hinter der massiven finanziellen Unterstützung der Kommunen im vergangenen Jahr. Durch die einmalige Kompensation der schlagartigen und nicht vorhersehbaren Gewerbesteuerausfälle in Höhe von insgesamt 11,8 Milliarden Euro haben Bund und Länder in 2020 die kommunalen Haushalte stabilisiert. Durch die Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft entlasten wir die Kommunen zudem von den Sozialausgaben in einem Umfang von 3,9 Milliarden Euro jährlich. Diese strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzlage wirkt auch in den Jahren 2021 und 2022 sowie darüber hinaus. Dadurch schaffen wir Spielräume für Zukunftsinvestitionen.

„Die Förderung kommunaler Investitionen im Rahmen des Konjunkturpakets ist so ausgestaltet, dass die Impulswirkung auch in diesem und den nächsten Jahren fortbesteht.“

Im Rahmen des 2020 beschlossenen Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets unterstützt der Bund darüber hinaus Länder und Kommunen in erheblichem Umfang bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in verschiedenen Bereichen. Die Förderung kommunaler Investitionen im Rahmen des Konjunkturpakets ist so ausgestaltet, dass die Impulswirkung auch in diesem und den nächsten Jahren fortbesteht und verhindert, dass sich die auch im Krisenjahr 2020 äußerst positive Entwicklung der kommunalen Investitionstätigkeit nachhaltig eintrübt.

Uns ist bewusst, dass die finanzielle Lage vieler Kommunen in den Jahren 2021 und 2022 dennoch angespannt bleiben wird. Die SPD setzt sich für eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen auch in diesen Jahren ein. Wir werden die Lage weiter im Blick behalten. Es liegt jedoch zuallererst in der Verantwortung der Länder für eine aufgabengerechte Finanzausstattung ihrer Kommunen zu sorgen und selbst einen höheren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten.

 

Was passiert, wenn die Schuldenbremse ab 2023 wieder greift und die Mittel zurückgeführt werden müssen? Wird sich dieser Druck dann auf die Kommunen auswirken? Könnte es sein, dass wieder mal über die Abschaffung der Gewerbesteuer diskutiert wird?

Ja, es wird wieder die Abschaffung oder Aushöhlung der Gewerbesteuer gefordert. Aber nicht von der SPD. Im Gegenteil! Wir werden die Gewerbesteuer als eine der wichtigsten originären Einnahmequellen der Städte und Gemeinden erhalten und weiterentwickeln.

Eine Politik der Austerität nach der Krise wäre der völlig falsche Weg. Wir werden nicht bei den Investitionen sparen. Die Ausgestaltung der Schuldenbremse für die Zukunft muss intensiv diskutiert werden. Es ist wohl auch volkswirtschaftlich nicht besonders sinnvoll, dass die Bundesländer selbst gar keine Schulden mehr machen dürfen. Diese Diskussion sollte möglichst mit allen demokratischen Parteien geführt werden.

v.wilke@derneuekaemmerer.de

Info

Die kommunale Finanzwelt blickt gespannt auf den Ausgang der Bundestagswahlen: Wo wird eine neu gewählte Bundesregierung ihre kommunalpolitischen Schwerpunkte setzen? Wird es weitere Hilfsleistungen für den Ausgleich verringerter Steuereinnahmen geben? Und was passiert, wenn 2023 die Schuldenbremse wieder greift? DNK hat die Arbeitsgemeinschaften Kommunalpolitik der einzelnen Fraktionen um Antworten auf diese Fragen gebeten. In dieser Woche veröffentlicht die Redaktion täglich ein Statement.

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