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Schön war’s beim 7. Baden-Württembergischen Kämmerertag

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„In Krisenzeiten ist es besonders wichtig, miteinander zu sprechen und Lösungen im Gespräch zu suchen“, sagte Edith Weymayr, Vorstandvorsitzende der L-Bank, in ihrem Eröffnungsvortrag beim 7. Baden-Württembergischen Kämmerertag am vergangenen Donnerstag in Stuttgart. Nach vierjähriger coronabedingter Pause konnte das Treffen der baden-württembergischen Kommunen in diesem Jahr wieder in Präsenz in den Räumlichkeiten der Gastgeberin, der Förderbank des Bundeslandes, stattfinden.

Insgesamt folgten 180 Teilnehmer, darunter viele Kämmerinnen und Kämmerer aus Baden-Württemberg, der Einladung der L-Bank und der Fachpublikation Der Neue Kämmerer, um wieder direkt vor Ort ins Gespräch zu kommen. Edith Weymayr fasste in ihrem Vortag die zusätzlichen Belastungen für die Kommunen der vergangenen Jahre zusammen: Vom Ausnahmezustand der Pandemie der vergangenen drei Jahre, über die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung bis zu den drastisch gestiegenen Energiepreisen.

Kommunen vergleichsweise gut durch die Krisen gekommen

Die Haushaltslage der baden-württembergischen Kommunen sei zwar angespannt aber nicht dramatisch. Städte und Gemeinden im Land seien bislang vergleichsweise gut durch die Krisen gekommen. Dazu hätten auch die Förderprogramme der Landesbank beigetragen, beispielsweise bei der Wohnraumschaffung für Geflüchtete, die Landeswohnraumförderung als eines der ältesten Förderinstrumente sowie der Investitionskredit Kommune. „Lassen Sie uns auch dazu künftig im Gespräch bleiben“, schloss Weymayr ihren Vortrag.

Auch Falk Ebinger, Leiter der Koordinierungsstelle Verwaltungsmodernisierung im Staatsministerium Baden-Württemberg, richtete in seinem Impuls vor der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Standards & Aufgaben: Kommunen an der Belastungsgrenze“ den Blick nach vorn. Für seine Aufgabe bei der vor etwa einem Jahr eingerichteten Koordinierungsstelle habe es nie einen besseren Zeitpunkt als den jetzigen gegeben. „Krisenzeiten sind Veränderungszeiten“, stellte Ebinger fest. Beispielhaft führte er die Dauer von Genehmigungsverfahren für große Windräder an. Diese sei von ursprünglich sieben Jahren bis jetzt halbiert worden.

Zusätzliche Belastungen für Kommunen und Kämmerer

Auch habe das Land im Zeitraum von 2018 bis 2021 mehr als 340 Millionen Euro durch Bürokratieabbau einsparen können – vorangetrieben vom derzeit vakanten Normenkontrollrat. „Doch mit diesem Ansatz kommen wir nicht weiter“, sagte Ebinger. Die Kommunen und ihre Kämmerer klagten im Gegenteil über immer weitere Belastungen, Entlastungen würden hingegen nicht bei ihnen ankommen. Mit dem neuen Ansatz soll sich die Verwaltung nun transformieren. Die Frage sei, wie ein großer Apparat mit einer flexiblen Umwelt umgehen könne. Ein Normenkontrollrat müsse frühzeitig in den Prozess einsteigen und die Vollzugsebene einbeziehen.

Genau diese Frühzeitigkeit mahnten die kommunalen Vertreter in der sich anschließenden sehr diskussionsfreudigen Runde auf dem Podium an. Susanne Nusser, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetags Baden-Württemberg, sagte, sie sei froh, im Gespräch mit dem Staatsministerium zu sein. Doch sei das Problem der Verwaltungsmodernisierung breiter und tiefer. Die hohen Standards, die nun für immer neue Aufgaben sorgten, habe man sich in Teilen auch selber auferlegt. Bei kurzfristigen Änderungen von Bund und Ländern würde die kommunale Ebene stets zu spät eingebunden.

Stefan Breiter, Finanzbürgermeister der Stadt Freiburg, sagte, dass er schon seit 1986 vom Bürokratieabbau höre. Es sei jedoch zu einfach mit dem Finger auf Staatsministerium, Land oder Bund zu zeigen. Von politischer Ebene würde suggeriert, es ginge immer mehr, beispielsweise das 9-Euro-Ticket, Ganztagsbetreuung in Kita und Grundschule. Dadurch kämen die Kommunen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. „Anstatt immer noch eins draufzusatteln müssen wir uns fragen, ob wir die Standards halten können,“ mahnte Breiter. Auch Patrick Holl, Erster Beigeordneter des Gemeindestags Baden-Württemberg, sagte, dass Verträge oft zu Lasten der Kommunen von Bundes- und Landesebene geschlossen würden. Dort sei ein Korrektiv notwendig.

Ministerin Razavi: Modernisierungsentscheidungen nicht vertagen

Mit der Keynote, gehalten von Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg, schloss sich der inhaltliche Bogen, den Edith Weymayr bereits am Vormittag aufgespannt hatte. „Kämmerer sind Spielgestalter und Abwehrchefs in einem“, sagte die Ministerin. Im Bereich Planen, Wohnen und Bauen ginge ohne die Kommunen gar nichts. Dazu müsse man in Deutschland und Baden-Württemberg jedoch „raus aus der Komfortzone“. Notwendige Modernisierungsentscheidungen dürften nicht vertagt werden. Mit Blick auf Inflation, steigende Zinsen, Materialengpässe und Personalmangel sei die Zeitenwende im Bausektor „mit Wucht angekommen“. Da jede Wohnung zähle, appellierte Razavi an die Kämmerer, die Bauprogramme des Landes zu nutzen.

Gelegenheit für den direkten Austausch, Diskussion und Netzwerken boten neben der Ausstellung die Parallelarbeitskreise mit den Themen „Wohnraumförderung des Landes – Chancen nutzen“ sowie „Prozesse im Finanzbereich effizient abbilden“.

ak.meves@derneuekaemmerer.de

Info

Hier geht es zum Rückblick über den 7. Baden-Württembergischen Kämmerertag am 16. März in Stuttgart und hier zur Anmeldung für den 19. Deutschen Kämmerertag am 6. und 7. September in Berlin.
Anne-Kathrin Meves

Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.