Altschulden
Kommunen und ihre Altschulden
Auf vielen Kommunen lasten hohe Altschulden. Der Bund will einen Teil der Verbindlichkeiten abnehmen, doch die Widerstände einiger Länder sind groß.
Altschulden drücken die Finanzen vieler Kommunen. Der Großteil dieser Altverbindlichkeiten liegt in Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Zudem vereinen überdurchschnittlich viele Großstädte einen Großteil der Altschulden auf sich.
Definition Altschulden
Bezogen auf Kommunen sind mit dem Begriff Altschulden insbesondere hohe Bestände an Kassenkrediten gemeint. In den vergangenen Jahrzehnten haben viele Kommunen ihre laufenden Finanzausgaben vermehrt über Kassenkredite gedeckt. Dies hat zu einem starken Anstieg an Kassenkrediten geführt, deren eigentlicher Sinn und Zweck die kurzfristige Sicherstellung der kommunalen Liquidität ist.
Laut Angaben des Bund der Steuerzahler lag der bundesweite kommunale Kassenkreditbestand Anfang der 1990er Jahre bei rund 1,4 Milliarden Euro oder rund 2 Prozent der kommunalen Gesamtverschuldung. Seinen Höchststand erreichte er 2014 mit insgesamt 47,7 Milliarden Euro; das entsprach einem Anteil von mehr als 37 Prozent an der Gesamtverschuldung aller Kommunen.
Dank der guten Konjunktur und Entschuldungsprogramme einzelner Bundesländer wie beispielsweise der Hessenkasse oder dem Saarlandpakt sind die Bestände seit 2016 wieder gesunken.
Alte Verbindlichkeiten in NRW
Nordrhein-Westfalen gehört zu den Bundesländern mit einem besonders hohen Anteil an Altverbindlichkeiten. So beliefen sich die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in NRW Ende 2020 auf gut 60 Milliarden Euro. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, war das eine Erhöhung um 0,1 Prozent zum Vorjahr. Rein rechnerisch ergibt sich damit für jeden Einwohner des Landes eine Verschuldung von 3.353 Euro, 2019 waren es 3.350 Euro. Bei dieser Betrachtung werden neben den Schulden der Kernhaushalte auch die Schulden der kommunalen Eigenbetriebe, der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und der kommunalen Anstalten öffentlichen Rechts berücksichtigt.
Auch in NRW bereiten vor allem die hohen Bestände an Kassenkrediten Grund zur Sorge. Hier wie auch in anderen Bundesländern besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Aufwendungen vieler Kommunen für Sozialleistungen, den Herausforderungen des Strukturwandels und der Höhe der Kassenkredite. Zur Situation in Nordrhein-Westfalen erklärte Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) im November 2019: „Wir haben in Nordrhein-Westfalen 23 Milliarden Euro Kassenkredite, dem kein Vermögen gegenübersteht. Das macht mehr als 50 Prozent der bundesweiten Kassenkredite aus. Das ist eine sehr große Herausforderung. Die Zeit drängt.“
Altschulden in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz hat sich im Dezember 2021 eine Altschuldenlösung angedeutet. Das Bundesland will Städte, Gemeinden und Landkreise von einem großen Teil ihrer Schuldenlast befreien, wie Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2022 im Landtag ankündigte.
Laut Ahnen ist die Landesregierung bereit, die Hälfte der Schulden aus Kassenkrediten zu übernehmen. Diese Schulden beliefen sich im vergangenen Jahr nach Angaben des Landesrechnungshofs auf 6,1 Milliarden Euro und damit auf fast die Hälfte der kommunalen Gesamtverschuldung von 12,4 Milliarden Euro.
Rekord-Altschulden im Saarland
Laut eines Berichts des Saarländischen Rundfunks vom Juli 2021 hatte das Saarland unter den Flächenländern zum Jahresende 2020 mit 14.737 Euro die höchste Pro-Kopf-Verschuldung. Der Schuldenstand bedeute ein Plus von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am niedrigsten war demnach die Verschuldung in Sachsen mit 1.244 Euro und in Bayern mit 1.359 Euro.
Dank des Saarlandpakte seien die Schulden der kommunalen Haushalte 2020 jedoch um 13,7 Prozent gesunken. Mit 3.158 Euro haben die saarländischen Kommunen dennoch die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung bundesweit nach Rheinland-Pfalz.
Scholz warb für „Stunde Null“
Der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte bereits Ende 2019 bekräftigt, 2.500 überschuldeten Kommunen in Deutschland ihre Altschulden abnehmen zu wollen. Entsprechend würden die rund 8.500 anderen Städte und Gemeinden allerdings leer ausgehen.
„Ich stelle mir so etwas wie eine Stunde null dieser Kommunen vor“, wurde er damals in den Medien zitiert. Dadurch entstünde Freiraum, um „selbstständig zu handeln“. Scholz knüpft den Schuldenschnitt aber an eine Bedingung: „Wenn man 2.500 von mehr als 11.000 Kommunen helfen möchte, damit dort wieder Schulen, Kitas und Schwimmbäder saniert oder neu gebaut werden können, geht das nur, wenn es keine Eifersucht gibt.“
Als Bundesfinanzminister bezifferte Scholz die Altschulden bei den Kassenkrediten auf rund 40 Milliarden Euro. Davon könne der Bund rund die Hälfte übernehmen. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) schätzte zu dem Zeitpunkt die Kosten für eine solche Schuldenübernahme seitens des Bundes auf etwa 50 Milliarden Euro.
Altschulden aus rechtlicher Sicht
Als Altschulden oder Altverbindlichkeiten wurden ursprünglich finanzielle Lasten bezeichnet, die auf ehemals staatlichem Grund in den neuen Bundesländern liegen beziehungsweise lagen.
Laut Artikel 22 Absatz 4 des Einigungsvertrages „geht mit Wirksamwerden des Beitritts das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen mit gleichzeitiger Übernahme der anteiligen Schulden in das Eigentum der Kommunen über.“
Das sogenannte Altschuldenhilfe-Gesetz ist ein deutsches Bundesgesetz, das vorrangig die Altschulden kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen regelt. Es gilt auch für private Vermieter.
Mecklenburg-Vorpommern baut DDR-Altschulden ab
Als erstes und bislang einziges ostdeutsches Bundesland unterstützt Mecklenburg-Vorpommern seine Kommunen beim Abbau der DDR-Wohnungsbaualtschulden. Mit einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes hat das Bundesland einen kommunalen Entschuldungsfonds eingerichtet, der die Kommunen mit jährlich 25 Millionen Euro unterstützen soll.
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