„Die neue Bundesregierung muss dringend und mit höchster Priorität die gesamte Bandbreite der Infrastrukturverbesserung […] angehen und sicherstellen, dass alle Kommunen eine vernünftige Finanzausstattung erhalten – und nicht immer darauf verweisen, dass dies Ländersache sei.“ Das fordert ein Teilnehmer bei einer aktuellen und anonymen Kurzumfrage von Der Neue Kämmerer.
Die Umfrage hat die Redaktion Ende August unter den Teilnehmern des Deutschen Kämmerertags durchgeführt, um die die aktuelle Stimmung in den Kämmereien einzufangen. Knapp 100 Kämmerinnen und Kämmerer nahmen daran teil. Rund ein Drittel von ihnen hat das Freifeld mit der Frage „Was muss die neue Bundesregierung Ihrer Meinung nach sofort umsetzen?“ ausgefüllt. Hier haben wir die wegweisendsten Antworten für Sie zusammengefasst:
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Altschuldenlösung finden
Besonders auf dem Herzen liegt den befragten Kämmerinnen und Kämmerern offenbar eine schnelle Tilgung der kommunalen Altschulden. Die Forderung kommt nicht überraschend: 55 Prozent der Umfrageteilnehmer bezeichnen ihre Kommune als finanzschwach, 30 Prozent nennen sie finanzstark, 15 Prozent machen keine Angabe.
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Gewerbesteuerausfälle ausgleichen
Knapp 90 Prozent der Befragten rechnen mit rückläufigen Steuereinnahmen. Nicht zuletzt deshalb wurde in der Kurzumfrage wohl die Forderung nach einem Ausgleich der pandemiebedingten Kosten laut. Die Kämmerinnen und Kämmerer verlangen auch für 2021 und 2022 einen Ausgleich für die Gewerbe- und Einkommensteuerausfälle.
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Kosten der Unterkunft (KdU) vollständig übernehmen
Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung zusätzlich zum Gewerbesteuerausgleich ihren Anteil an den Kosten der Unterkunft (KdU) auf bis zu 75 Prozent erhöht. Das reicht einigen Kämmerinnen und Kämmerern noch nicht aus. Sie fordern eine vollständige Übernahme der KdU. Ein Umfrageteilnehmer präzisiert, er erwarte die „volle Kompensation“ beim Bundesteilhabegesetz und „endlich eine Deckelung der sozialen Leistungen“.
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Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken
Kommunale Großkrankenhäuser seien durch die Corona-Pandemie in eine erhebliche wirtschaftliche Schieflage geraten, berichtet ein weiterer Umfrageteilnehmer. Mehrere Stimmen fordern von der neuen Bundesregierung die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. „Viele Kommunen können nicht für die Verluste der Krankenhäuser aufkommen oder können dies nur mit Kürzungen in anderen Bereichen“, präzisiert ein Kämmerer. Deshalb sei ein schnelles Hilfsprogramm unerlässlich. „Zudem muss die neue Bunderegierung in Abstimmung mit den Ländern dafür sorgen, dass die gesetzlich normierte, duale Finanzierung der Krankenhäuser endlich auskömmlich umgesetzt wird.“
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Zusätzliche Mittel für die Digitalisierung
Drei Viertel der Kämmerinnen und Kämmerer geben in der Umfrage an, dass die Digitalisierung im kommenden Jahr für sie wichtig werde. Dafür wünschen sich die Finanzchefs der Kommunen zusätzliche Mittel vom Bund. Als Voraussetzung für Digitalisierung nennt ein Teilnehmer etwa die unkomplizierte Bereitstellung von Fördermitteln für den flächendeckenden Breitbandausbau. Ein weiterer fordert Unterstützung für die laufenden Kosten. Der Digitalisierung müsse ein deutlich höherer Stellenwert beigemessen werden, findet ein anderer.
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Fördermittelzugang erleichtern
Erleichterte Fördermittelzugänge werden in der Umfrage mehrfach genannt – nicht nur in Bezug auf die Digitalisierung. Ein Kämmerer macht hierzu einen konkreten Vorschlag: Er wünscht sich die „Umstellung der Fördersystematik weg von vielen speziellen und kleineren Förderprogrammen hin zu einer pauschalen […] und langfristigen Förderung von Kommunen mit bestimmten strukturellen Schwächen.“
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Bürokratie abbauen
In Bezug auf die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern fordern die Kämmerinnen und Kämmerer vor allem einen Bürokratieabbau. Zudem solle die Bundesregierung über „weitere Veränderungen föderaler Strukturen nachdenken“, gibt ein Teilnehmer an. Ein anderer wünscht sich eine Gemeindefinanzreform, die die Aufgabenverteilung in Deutschland in den Mittelpunkt stellt und möchte eine Neuverteilung der Steuererhebungskompetenz im Grundgesetz verankert sehen.
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Konnexitätsprinzip einhalten
Auch das Konnexitätsprinzip wird in der Umfrage mehrfach angesprochen: „Leistungen, die der Bund an die Kommunen per Gesetz überträgt, müssen auch durch den Bund zu 100% finanziert werden“, mahnt ein Kämmerer an.
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Nachhaltige Finanzierung der Kommunen
Zudem fordern die Umfrageteilnehmer, dass die neue Bundesregierung, die nachhaltige Finanzierung für die Kommunen dauerhaft sichert. Ein Kämmerer gibt an, er erwarte von der neuen Bundesregierung „Hilfe für strukturschwache Kommunen sowohl konsumtiv als auch investiv“. Im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse wird in der Umfrage die Stärkung der Kommunen im ländlichen Raum gefordert.
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Klimaschutz fördern
Der Klimaschutz ist ebenfalls ein Thema, das die Kommunen umtreibt. Die notwendigen Investitionen der Kommunen für die Erzielung von CO2-Neutralität und Klimaschutz „müssen durch weitere Fördermaßnahmen des Bundes flankiert werden“, findet ein Kämmerer. Ein anderer wünscht sich „ernst gemeinten Klimaschutz“. Ein weiterer Umfrageteilnehmer stellt hier eine konkrete Forderung an die neue Bundesregierung: Planungsrechtliche Erleichterungen beim Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere bei der Windkraft, müssten her.