Durch ungewöhnlich hohe Steuereinnahmen tritt Rheinland-Pfalz im Länderfinanzausgleich erstmals als finanzstark auf. Finanzministerin Doris Ahnen setzt auf Schuldentilgung und Rücklagen. Das zieht auch Kritik nach sich.

Rheinland-Pfalz wechselt die Seiten: Zum ersten Mal seit der Einführung des Länderfinanzausgleichs 1969 ist das Bundesland vom Nehmer- zum Geberland geworden. Finanzministerin Doris Ahnen führte dies bei Vorstellung des vorläufigen Haushaltsabschlusses 2021 auch auf „außergewöhnlich erfreuliche Sondereffekte“ zurück, die den positiven Haushaltsabschluss „in hohem Maß geprägt“ hätten.

Mit dem Verweis auf die „Sondereffekte“ dürfte die Finanzministerin auf die ungewöhnlich hoch ausgefallenen Gewerbesteuereinnahmen des Corona-Impfstoffherstellers Biontech in Mainz anspielen – DNK berichtete. Laut vorläufigem Abschluss weist der Landeshaushalt 2021 einen Finanzierungsüberschuss von fast 2,3 Milliarden Euro aus. Die Steuereinnahmen des Landes lagen laut Ahnen insgesamt um 2,6 Milliarden Euro höher als bei der Haushaltsaufstellung veranschlagt.

Corona-Notkredite bereits zurückgezahlt

Zudem erklärte die Finanzministerin, dass die vom Land zur Bewältigung der Coronakrise 2020 aufgenommenen Notkredite im Volumen von 169 Millionen Euro bereits im vergangenen Jahr vorzeitig zurückgezahlt werden konnten. Ursprünglich sei vereinbart gewesen, dass die Tilgung erst ab 2024 über einen Zeitraum von rund 20 Jahren erfolgen sollte.

Gleichzeitig wies Ahnen allerdings darauf hin, dass Rheinland-Pfalz in der Abrechnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs zeitverzögert hohe Rückzahlungen leisten müsse. Der Landeshaushalt werde im laufenden Jahr deswegen „spürbar“ belastet sein.

Überschüsse zur Schuldentilgung verwenden

Die Finanzministerin verkündete zudem, wofür die Mittel verwendet werden sollen. Entsprechend der Schuldenbremse und einer nachhaltigen Finanzpolitik sei es jetzt angezeigt, den konjunkturellen Teil der Überschüsse in Höhe von 1,267 Milliarden Euro zur Schuldentilgung zu nutzen. Die Nettotilgung am Kreditmarkt betrage insgesamt 1,494 Milliarden Euro.

Ein weiterer Teil des Haushaltsüberschusses soll dazu eingesetzt werden, die Kommunen zu entlasten. „Zu diesem Zweck haben wir insgesamt 750 Millionen Euro der Rücklage zugeführt“, erklärt Ahnen. Davon würden 500 Millionen Euro für die Altschuldenlösung eingeplant werden, die Ahnen bereits Ende vergangenen Jahres in Aussicht gestellt hat – DNK berichtete. Weitere 250 Millionen Euro sollen für ein kommunales Investitionsprogramm mit dem Schwerpunkt Klima und Innovation zur Verfügung gestellt werden.

Bund der Steuerzahler fordert schwarze Null

Auf die Ankündigung der Bildung weiterer Rücklagen reagierte der Bund der Steuerzahler (BdSt) Rheinland-Pfalz kritisch. Zwar begrüßt er ausdrücklich die geplante Schuldentilgung aus dem Haushaltsüberschuss, doch dass 750 Millionen Euro in die „ohnehin üppigen Landesrücklagen fließen“ sollen, hält Rainer Brüderle, Präsident des BdSt Rheinland-Pfalz laut Mitteilung in „einer Zeit der Minuszinsen und relativ hohen Inflation“ für eine „recht merkwürdige Entscheidung“.

Vor dem Hintergrund der Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 fordert der BdSt vielmehr eine Abkehr von der geplanten Schuldenpolitik. 2021 einen Milliardenüberschuss zu erzielen und die Landesrücklagen weiter vollzupumpen, aber für 2022 mit neuen Schulden von rund 900 Millionen Euro zu planen, passt laut Brüderle nicht zusammen: „Die schwarze Null ist problemlos möglich und sollte auch so im Haushalt geplant werden.“

ak.meves@derneuekaemmerer.de

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